Wenn wir alle Weltentwürfe mit der Kontur des Scheiterns überzeichnen, sind wir paralysiert und energiegeladen zugleich.“ – Johannes Weiss

 

Jedes Vorhaben und jede Tat birgt die Gefahr des Scheiterns, jeder künstlerische Prozess schließt potentielle Sackgassen, Niederlagen, Misserfolge, Verluste ein. Dies beginnt bei der Idee, dem erdachten Konzept einer Arbeit, und transformiert sich noch einmal bei der konkreten Umsetzung des Erdachten ins physisch präsente Material. Die bloße Auseinandersetzung mit der Herstellung eines Kunstwerks ist also bereits ein – nicht zuletzt ökonomisches – Risiko.

 

Bei Johannes Weiss’ Objekten und Keramiken beginnt der oftmals sehr aufwendige Prozess bei der Bearbeitung und Zusammenstellung von Materialien und Oberflächen. Ähnlich einem Baukastensystem werden Objekte verschiedenartiger Form, Farbe und Haptik zu heterogenen Türmen errichtet, die an Architekturmodelle, modernistische Designobjekte oder auch virtuose Präsentationstische in Warenhäusern erinnern. Die Binnenstruktur der zusammengetragenen und bedacht platzierten Einzelteile, die immer perfekt ausbalanciert scheinen, changiert zwischen hart und weich, glatt und rau, warm und kalt. Sie wollen in den Dialog treten, in ihrer Zusammengehörigkeit Repräsentationsfragen stellen und Präsentationsformen hinterfragen, klassische Kategorien wie Figur, Portrait, Landschaft thematisieren und Zuschreibungen untereinander sowie in Beziehung zum Äußeren, zum Betrachter vornehmen. Obwohl keine Anzeichen des Scheiterns in den Arbeiten abzulesen sind, erahnt man schon allein durch die Verschiedenartigkeit der perfekt aufeinander abgestimmten Elemente sowie die Verarbeitung sensibler Materialien wie beispielsweise Ton Produktionsbedingungen, bei denen Verlust und Neuanfang zu selbstverständlichen Begleitern geworden sind.

 

In ähnlicher Weise sind Aufwand und Ausdauer in den kleinen Tableaus von Eduard Kiesmann ablesbar. Er hat kurze Holzlatten – einstmals zurechtgeschnitten, um sie als Brennholz zu verfeuern und somit ein eigentliches Abfallprodukt – mit abertausenden, winzigen Pinselstrichen bemalt. In kleinen Gruppen von meistens sechs Stäbchen hat er sie hinterher, wie in einem Setzkasten oder Puzzle, in einem Rahmen zusammengefügt, sodass sich, aus der Nähe betrachtet, eine feine Musterung aus Streifen und Linien ergibt. Die schmierige, dicke Ölfarbe verleiht den Malereien etwas reliefartiges, obgleich sie aus der Ferne betrachtet zu monochromen Bildern werden, die, nicht zuletzt wegen ihres Formats, an das leise Flimmern und Flackern eines Computerbildschirms erinnern. Jedes Pixel, jeder einzelne Pinselstrich ist in monatelanger, geradezu meditativer Arbeit auf den Untergrund gebracht worden, bis sich die Rastlosigkeit des Künstlers in einem vollendeten Ergebnis aufgelöst hat. 

 

Katharina Wendler

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